1937: Hals über Kopf folgt die Engländerin Alice ihrem Verlobten Bennett nach Amerika. Doch anstatt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten findet sie sich in Baileyville wieder, einem Nest in den Bergen Kentuckys. Mächtigster Mann ist der tyrannische Minenbesitzer Geoffrey Van Cleve, ihr Schwiegervater, unter dessen Dach sie leben muss.
Neuen Lebensmut schöpft Alice erst, als sie sich den Frauen der Packhorse Library anschließt, einer der Bibliotheken auf dem Lande, die auf Initiative von Eleanor Roosevelt gegründet wurden. Wer zu krank oder zu alt ist, dem bringen die Frauen die Bücher nach Hause. Tag für Tag reiten sie auf schwer bepackten Pferden in die Berge.
Alice liebt ihre Aufgabe, die wilde Natur und deren Bewohner. Und sie fasst den Mut, ihren eigenen Weg zu gehen. Gegen alle Widerstände.
In den 1930er Jahren, während der Zeit der großen wirtschaftlichen Depression, wird in der abgelegenen Kleinstadt Baileyville im US-Bundesstaat Kentucky ein ungewöhnliches Projekt ins Leben gerufen. Eine kleine Gruppe Frauen schließt sich einer Initiative an, die auf eine Idee der damaligen First Lady zurückgeht: der Aufbau einer mobilen Bibliothek zur Förderung der Bildung und des Zugangs zu Büchern für die Landbevölkerung. Da viele Menschen in den umliegenden, schwer zugänglichen Bergregionen weder lesen können noch eine stationäre Bibliothek erreichen, übernehmen die Frauen die Aufgabe, Bücher mit Pferden und Maultieren in die entlegensten Winkel zu bringen.
Diese sogenannte Packhorse Library ist nicht nur logistisch herausfordernd, sondern stößt auch gesellschaftlich auf erhebliche Widerstände. In Baileyville herrschen strenge soziale Normen, konservative Rollenbilder und tief verwurzelte Vorurteile – insbesondere gegenüber selbstbestimmten Frauen. Das Engagement der Bibliothekarinnen gilt als provokant, ihre Unabhängigkeit als unangebracht. Dennoch lassen sich die Frauen nicht entmutigen und setzen ihre Arbeit unbeirrt fort.
Eine der Beteiligten ist Alice Van Cleve, eine junge Frau aus England. Ursprünglich stammt sie aus einer wohlhabenden Familie, findet sich jedoch weder in deren Lebensstil noch in ihrer gesellschaftlichen Rolle wieder. In der Hoffnung auf ein freieres Leben heiratet sie überstürzt den Amerikaner Bennett Van Cleve und zieht mit ihm nach Kentucky. Die Ehe erweist sich jedoch als enttäuschend. Ihr Ehemann bleibt emotional distanziert, körperliche Nähe findet kaum statt, und im Haus seines Vaters, eines reichen und dominanten Minenbesitzers, fühlt sich Alice zunehmend gefangen. Ihre Suche nach Zugehörigkeit und Sinn führt sie schließlich zur Packhorse Library, wo sie erstmals eigene Wege geht.
Dort begegnet sie Margery O’Hare, einer unabhängigen Frau, die als Einzelgängerin lebt und sich offen gegen gesellschaftliche Erwartungen stellt. Margery gilt in der Stadt als Außenseiterin, nicht zuletzt wegen ihrer familiären Herkunft, doch sie ist mutig, gebildet und entschlossen, ihren eigenen Lebensentwurf zu verwirklichen. Gemeinsam mit weiteren Frauen, die ebenfalls mit persönlichen Herausforderungen und gesellschaftlichen Zwängen konfrontiert sind, bildet sie den Kern der mobilen Bibliothek.
Während sie Woche für Woche Bücher verteilen, erleben die Frauen sowohl Ablehnung als auch Dankbarkeit. Ihre Fahrten bringen sie in engen Kontakt mit der Bevölkerung und offenbaren sowohl die Notlage vieler Menschen als auch deren Geschichten. Durch diese Erlebnisse wachsen nicht nur Freundschaften, sondern auch das Selbstvertrauen und die Entschlossenheit der Beteiligten.
Im Verlauf der Geschichte wird deutlich, wie jede der Frauen auf ihre Weise gegen die Einschränkungen ihrer Zeit kämpft – sei es durch Bildung, Mut oder gegenseitige Solidarität. Die Packhorse Library wird zu einem Symbol für Wandel, Selbstbestimmung und den Wunsch nach einer freieren Gesellschaft.
„Wie ein Leuchten in tiefer Nacht“ erzählt die Geschichte einer kleinen Gruppe Frauen, die sich in den 1930er Jahren in den Bergen Kentuckys einer ungewöhnlichen Aufgabe verschreiben: Sie gründen eine mobile Bibliothek und bringen Bücher zu Menschen, die aufgrund von Armut, Isolation oder Krankheit keinen Zugang zu Bildung haben. Doch das Buch ist weit mehr als nur eine Erzählung über dieses außergewöhnliche Projekt.
Im Mittelpunkt stehen Frauen, die nicht nur im Sattel, sondern auch im Leben Mut beweisen. Jede der Bibliothekarinnen bringt ihre eigene Geschichte mit – und keine davon bleibt oberflächlich. Vielmehr entwickelt sich im Laufe des Romans ein dichtes Geflecht aus Einzelschicksalen, das Themen wie gesellschaftliche Erwartung, familiären Druck, soziale Ausgrenzung und persönliche Verluste aufgreift. Es geht um mehr als Freundschaft: Es geht um Solidarität, Durchhaltevermögen und den stillen Widerstand gegen ein System, das Frauen in enge Rollen drängt.
Besonders beeindruckt hat mich, wie sorgfältig die einzelnen Lebenswege miteinander verbunden werden. Es wirkt nie konstruiert, sondern fließt ganz natürlich ineinander. Neben der eigentlichen Handlung um Alice und ihre langsame Emanzipation aus einer unglücklichen Ehe und dem Schatten eines übermächtigen Schwiegervaters, entfaltet sich ein vielstimmiges Panorama weiblicher Lebensrealitäten. Ob es um soziale Herkunft, Hautfarbe, Trauer oder Ungerechtigkeit geht – das Buch scheut keine Tiefe.
Auch die Beziehung zwischen den Frauen und den Menschen, denen sie Bücher bringen, bekommt Raum. Diese Begegnungen sind oft berührend, manchmal auch bedrückend – aber immer bedeutungsvoll. Sie zeigen, welche Macht Geschichten haben können, wenn sie genau dort ankommen, wo sie gebraucht werden.
Ein leiser Liebesstrang ist ebenfalls vorhanden, rückt aber eher in den Hintergrund. Wer auf große romantische Gesten hofft, wird hier nicht fündig. Vielmehr bleibt die Liebesgeschichte dezent, fast zurückhaltend – was zur Erzählweise passt, mich aber nicht völlig abgeholt hat.
Ein ruhiger, aber eindringlicher Roman über Frauen, die gegen gesellschaftliche Grenzen anreiten – im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Hommage an das Lesen, an den Mut zur Veränderung und an den Wert von Freundschaft. Ich habe das Buch mit großem Interesse gelesen und empfehle es gern weiter.