Einmal angenommen …
… dein Mann hat sich aus dem Staub gemacht. Du schaffst es kaum, deine Familie über Wasser zu halten. Deine hochbegabte Tochter bekommt eine einmalige Chance. Und du bist zu arm, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Plötzlich liegt da ein Bündel Geldscheine. Du weißt, dass es falsch ist. Aber auf einen Schlag wäre dein Leben so viel einfacher …
Und einmal angenommen, du strandest mitten in der Nacht mit deinen Kindern am Straßenrand – und genau der Mann, dem das Geld gehört, bietet an, euch mitzunehmen. Würdest du einsteigen? Würdest du ihm irgendwann während eures verrückten Roadtrips gestehen, was du getan hast?
Und kann das gutgehen, wenn du dich ausgerechnet in diesen Mann verliebst?
Jessica Thomas kämpft täglich darum, ihre Familie über Wasser zu halten. Seit ihr Mann Marty sie und die beiden Kinder, die mathematisch hochbegabte Costanza und den sensiblen Nicky, verlassen hat, jongliert sie zwei Jobs und versucht, irgendwie über die Runden zu kommen. Doch als Costanza ein begehrtes Stipendium an einer Eliteschule angeboten wird, für das jedoch noch immer 500 Pfund fehlen, scheint das Leben noch komplizierter zu werden. Jessica will ihrer Tochter diesen Traum ermöglichen, weiß aber nicht, wie sie das Geld auftreiben soll.
Auf der anderen Seite der Stadt hat Edward Nicholls, ein erfolgreicher, aber wenig empathischer Softwareentwickler, ganz andere Sorgen. Durch eine unbedachte Äußerung gegenüber seiner Freundin Deanna gerät er in eine brisante Insiderhandel-Affäre, die seine gesamte Karriere und Existenz bedroht. Während er sich in Selbstmitleid und Alkohol verliert, trifft er auf Jessica – zunächst als reiche, unhöfliche Barbekanntschaft, dann als Arbeitgeberin, denn Jessica putzt seine Wohnung, um etwas Geld dazuzuverdienen. Als er eines Abends zu betrunken ist, um sich selbst nach Hause zu bringen, kümmert sie sich widerwillig um ihn.
Die nächste Begegnung folgt unter gänzlich anderen Umständen: Jessica will mit ihren Kindern und dem riesigen, aber liebenswerten Hund Norman nach Schottland reisen, um an einer Mathematik-Olympiade teilzunehmen, bei der Costanza die Chance auf ein Preisgeld hat. Doch mit einem alten, schrottreifen Auto, das nicht mehr straßentauglich ist, scheint die Reise ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Unerwartete Rettung kommt von Ed, der sich – ohne genau zu wissen, warum – dazu bereit erklärt, die chaotische Familie quer durchs Land zu fahren.
Was als Zweckgemeinschaft beginnt, wird schnell zu einer turbulenten Reise, die nicht nur physische Kilometer, sondern auch emotionale Entfernungen überbrückt. Während Jessica weiterhin verbissen für das Wohl ihrer Familie kämpft, beginnt Ed langsam zu erkennen, dass es im Leben mehr gibt als Karriere und Geld. Nicky, der mit seinen eigenen Ängsten zu kämpfen hat, findet in Ed eine unerwartete Bezugsperson, während Costanza mit ihren mathematischen Fähigkeiten zeigt, dass sie viel mehr ist als ein hoffnungsloser Fall für eine teure Privatschule. Und selbst der chaotische Norman trägt seinen Teil dazu bei, das Abenteuer noch unvergesslicher zu machen.
Während der Roadtrip durch Schottland sie von einer Herausforderung zur nächsten führt, entwickelt sich zwischen den so unterschiedlichen Charakteren eine Verbindung, mit der niemand gerechnet hätte. Doch auch wenn die Reise langsam ihrem Ende entgegengeht, stehen für Jessica und Ed noch einige wichtige Entscheidungen an – sowohl für sich selbst als auch füreinander.
Manchmal bringt das Leben die unterschiedlichsten Menschen auf unerwartete Weise zusammen – genau das passiert in dieser Geschichte. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, mich in die Handlung einzufinden, da der Einstieg etwas gemächlich war. Doch sobald sich Eds und Jess’ Wege kreuzen, nimmt die Geschichte an Fahrt auf, und plötzlich steckt man mitten in einem turbulenten Roadtrip voller Humor, Herz und unerwarteter Wendungen.
Was zunächst wie eine klassische „ungleiches Paar trifft sich und alles wird gut“-Story klingt, entwickelt sich schnell zu etwas viel Tiefgründigerem. Jojo Moyes schafft es, die Figuren mit so viel Leben und Facetten zu füllen, dass sie völlig authentisch wirken. Jess ist eine Kämpferin, die trotz aller Widrigkeiten niemals aufgibt, während Ed von jemandem, der auf den ersten Blick kalt und distanziert wirkt, zu einer Figur wird, die langsam ihre Verletzlichkeit zeigt. Die Kinder – die mathematisch hochbegabte, aber sozial unbeholfene Costanza und der sensible Nicky – bringen eine wunderbare Dynamik in die Geschichte, und nicht zu vergessen der chaotische, aber liebenswerte Hund Norman, der für viele herzerwärmende Momente sorgt.
Besonders mochte ich, dass die Geschichte nicht in klischeehafte Muster verfällt. Es geht nicht darum, dass eine reiche, attraktive Hauptfigur die Welt der anderen rettet, sondern darum, dass alle Figuren ihren eigenen Weg finden müssen. Es gibt berührende, traurige und auch sehr lustige Momente, die das Buch zu einem echten Wohlfühlroman machen. Allerdings hätte es für meinen Geschmack etwas weniger Drama sein dürfen, da manche Konflikte doch sehr zugespitzt wurden.
Jojo Moyes erzählt eine herzerwärmende, humorvolle und emotional bewegende Geschichte, die zeigt, dass das Leben manchmal Umwege geht, um uns an unser eigentliches Ziel zu bringen. Ein wunderbares Buch mit liebenswerten Charakteren und einer Geschichte, die berührt – wenn auch mit ein paar Längen zu Beginn.