Während Phury noch zögert, seine Rolle als Primal zu erfüllen, lebt sich Cormia im Anwesen der Bruderschaft immer besser ein. Doch die Beziehung der beiden ist von Zweifeln und Missverständnissen geprägt, und Phury glaubt kaum daran, seiner Aufgabe gewachsen zu sein.
Phury, einer der Krieger der Black Dagger Bruderschaft, steht vor der Herausforderung, seine Rolle als Primal der Vampire anzunehmen – ein Amt, das mit enormer Verantwortung verbunden ist. Als Primal soll er mit den Auserwählten, den speziell vorbereiteten weiblichen Vampiren, Nachkommen zeugen, um das Fortbestehen ihrer Art zu sichern. Doch je mehr er mit dieser Aufgabe konfrontiert wird, desto größer werden seine Zweifel. Geplagt von einer inneren Stimme, die seine Gedanken dominiert, und getrieben von Schuldgefühlen, weil er sich zu der Gefährtin seines Zwillingsbruders hingezogen fühlte, beginnt Phury zunehmend an sich selbst zu zweifeln.
Währenddessen lebt sich die Auserwählte Cormia im Anwesen der Bruderschaft ein. Ursprünglich für das Ritual mit dem Primal bestimmt, beginnt sie, ihre eigenen Vorstellungen vom Leben zu entwickeln. Die Beziehung zwischen ihr und Phury gestaltet sich schwierig – geprägt von Unsicherheiten, gegenseitigem Misstrauen und einer fehlenden gemeinsamen Basis. Trotz einer wachsenden emotionalen Verbindung scheint Phury nicht in der Lage zu sein, seine Rolle anzunehmen oder Cormia den Platz in seinem Leben einzuräumen, den sie sich erhofft.
Im Hintergrund spitzt sich die Lage in der Welt der Vampire weiter zu: Der junge Vampir Lash, Nachfahre der Glymera, wird nach einer radikalen Wandlung zum neuen Anführer der Gesellschaft der Lesser. Seine Grausamkeit übertrifft alles, was die Bruderschaft bisher kannte. Mit unbarmherziger Gewalt startet er Angriffe gegen die Vampiraristokratie und bringt damit das Gleichgewicht zwischen Licht und Dunkelheit ins Wanken. Die Bruderschaft unter der Führung von König Wrath steht vor der Aufgabe, nicht nur gegen Lashs neue Taktiken vorzugehen, sondern gleichzeitig auch ihre Gemeinschaft zusammenzuhalten.
Inmitten dieser turbulenten Entwicklungen erscheint ein mysteriöser neuer Akteur: Lassiter, ein gefallener Engel, der von den Brüdern zunächst mit Misstrauen betrachtet wird. Er behauptet, etwas zurückbringen zu können, das als verloren galt – ein Versprechen, das Hoffnung weckt, aber auch viele Fragen aufwirft. Seine Erscheinung bleibt ebenso undurchsichtig wie seine Absichten.
Während sich der innere und äußere Druck auf Phury immer weiter steigert, trifft er eine Entscheidung, die schwerwiegende Folgen hat. Sein Handeln wirkt sich nicht nur auf sein persönliches Schicksal aus, sondern auch auf das Vertrauen der Bruderschaft und die fragile Beziehung zu Cormia. Ob es ihm gelingt, Verantwortung zu übernehmen, seine Dämonen zu bezwingen und seinem Erbe gerecht zu werden, bleibt bis zum Ende offen.
Kaum aufgeschlagen, setzt „Vampirträume“ nahtlos dort an, wo der Vorgänger aufgehört hat. Die Handlung verzweigt sich in mehrere Erzählstränge, die geschickt miteinander verwoben werden und das Geschehen auf mehreren Ebenen vorantreiben. Trotz der vielen Perspektiven bleibt alles gut nachvollziehbar – die Autorin versteht es, dem Leser Orientierung zu geben, ohne die Spannung aus dem Blick zu verlieren.
Der Schreibstil ist wieder einmal sehr abwechslungsreich: Mal direkt und schnörkellos, wenn es auf Tempo ankommt, dann wieder detailverliebt und emotional, wenn innere Konflikte oder intensive Momente Raum brauchen. Gerade dieser Mix aus Action, Emotion und Alltag macht die Geschichte lebendig. Es gibt Kampfszenen, erotische Momente, aber auch leise Szenen, die berühren oder nachdenklich machen – alles im Gleichgewicht.
Ein zentrales Thema dieses Bandes ist die Entwicklung von Phury, der sich mit seiner neuen Rolle als Primal sichtlich schwertut. Seine innere Zerrissenheit zieht sich durch den gesamten Roman und sorgt für viele Wendepunkte – manchmal jedoch auch für etwas ermüdende Wiederholungen in seinem Denken und Handeln. Hier hätte ich mir mehr Klarheit oder Entwicklung gewünscht. Auch die Figur des Zauberers, der eine Art innerer Gegenspieler Phurys ist, war für meinen Geschmack nicht ganz gelungen und hat mich teilweise aus der Geschichte gerissen.
Dafür gab es auf der emotionalen Seite wieder viele berührende Momente, vor allem durch Cormia, die sich Stück für Stück emanzipiert und ihren Platz in der Welt sucht. Auch die Nebenhandlungen rund um die Bruderschaft und neue Bedrohungen halten das Tempo hoch – das Black Dagger-Universum bleibt lebendig und voller Dynamik.
Das Ende war für mich wieder ganz wunderbar – emotional, rund und stimmig. Auch wenn nicht alle Konflikte komplett gelöst werden, ist der Abschluss des Bandes zufriedenstellend und macht neugierig auf das, was kommt.
Ein weiterer starker Teil der Reihe, der zwar kleinere Schwächen in der Charakterentwicklung hat, aber insgesamt mit seiner Mischung aus Spannung, Gefühl und düsterer Atmosphäre überzeugt. Für Fans der Serie ein Muss – allerdings sollte man die Vorgänger kennen, um die Handlung voll zu erfassen.