Ein scheinbar idyllisches Dorf inmitten der Sonora-Wüste. Eine Oase jenseits der Zivilisation. Olivenhaine, Palmen, grüne Wiesen mit grasenden Rindern. Alles regiert von einem liebevollen Psychopathen!
Davide und Kira erholen sich derweil in den USA von den Strapazen des letzten Hofabenteuers. Alles ist harmonisch und niemand kann sich vorstellen, dass es jemals wieder anders werden könnte. Wirklich niemand? Andreas Laufhütte hat sämtliche Register des Horrors gezogen, sie in einen Topf gepackt und kräftig durchgerührt. Der Leser sei davor gewarnt, den Deckel anzuheben und erst recht davor, den Inhalt zu probieren.
Nachdem Davide die Höfe Gutenberg endgültig zerstört hat, scheint sein Leben endlich in ruhige Bahnen zu gelangen. An seiner Seite ist Kira, und gemeinsam genießen sie ein scheinbar friedliches Dasein. Doch die Vergangenheit lässt die beiden nicht los, und schon bald müssen sie erkennen, dass der Kampf, den sie hinter sich glaubten, wieder von vorne beginnt.
Die Geschichte verlagert sich dieses Mal in ein abgelegenes Dorf, das von einem König regiert wird, der in Abwesenheit seines Vaters, des Dons, das Zepter übernommen hat. Der König, eine vielschichtige und faszinierende Figur, ist geprägt von Wahnsinn und Brutalität, aber auch von der menschlichen Tragik seiner Vergangenheit. Er wurde von seinem Vater zu dem Monster geformt, das er heute ist. Der Don hingegen ist ein kalkulierender und skrupelloser Psychopath, dessen Einfluss selbst aus der Ferne spürbar bleibt. Die Dynamik zwischen dem König und Kira, die von ihm entführt und vor ihn gebracht wird, steht im Zentrum der Handlung. Kira, die mit ihren inneren Dämonen und ihrer schwierigen Vergangenheit ringt, erkennt zunehmend Parallelen zwischen sich und dem König. Zwischen den beiden entspinnt sich eine intensive und komplexe Beziehung, die für einige der spannendsten und emotionalsten Momente der Geschichte sorgt.
Das Dorf selbst, das von der Macht des Königs beherrscht wird, ist ein Mikrokosmos aus Überleben, Anpassung und Schrecken. Die Bewohner haben gelernt, sich mit den brutalen Realitäten ihres Lebens zu arrangieren. Währenddessen gibt es Einblicke in die Metzgerei von Tessa, die durch ihre abscheulichen Praktiken und die Verwendung ihrer Produkte in der globalen Küche verstört. Diese Szenen sind so intensiv und eindringlich beschrieben, dass sie dem Leser lange im Gedächtnis bleiben.
Die Gewalt im Buch ist anders inszeniert als in den vorherigen Teilen der Reihe. Anstatt die Grausamkeiten genüsslich in all ihren Details auszubreiten, setzt der Autor auf eine schnellere, kompromisslose Darstellung. Die Gewalt trifft den Leser wie ein Schlag und hinterlässt durch ihre Wucht einen bleibenden Eindruck. Besonders das Experiment des Königs, das während eines monatlichen Dorffestes außer Kontrolle gerät, hebt sich durch seinen innovativen Ansatz hervor und bringt eine erfrischende Wendung in ein sonst oft ausgelutschtes Genre.
Während Kira zunehmend mit ihren eigenen Entscheidungen und den Schrecken ihrer Vergangenheit hadert, spitzt sich die Lage im Dorf immer weiter zu. Der Don verfolgt währenddessen seine eigenen Pläne, die nicht nur seinen Sohn, sondern auch das gesamte Königreich betreffen. Das Finale ist intensiv und voller Überraschungen, während die Beziehung zwischen Kira und dem König auf eine explosive Konfrontation hinausläuft.
Diese Fortsetzung hebt sich durch ihre differenzierte Erzählweise, die vielschichtigen Charaktere und eine klug konstruierte Handlung von ihren Vorgängern ab und bietet eine spannende Weiterentwicklung der Reihe.
Andreas Laufhütte beweist auch mit dem vierten Band seiner berüchtigten „Hof Gutenberg“-Reihe, dass er noch lange nicht am Ende seiner Kreativität angelangt ist. Dieses Mal verlässt die Geschichte das bekannte Setting des Hofes und zeigt die Konsequenzen von Davides Handlungen in einer neuen, düsteren Umgebung. Besonders interessant ist, dass Kira stärker in den Fokus rückt. Als Protagonistin überzeugt sie mit ihrer Anpassungsfähigkeit und der Fähigkeit, sich in gefährlichen Situationen zu behaupten – ein Verdienst ihrer belastenden Vergangenheit.
Der Wechsel des Schauplatzes bringt frischen Wind in die Reihe und eröffnet spannende Möglichkeiten. Laufhütte führt neue Charaktere ein, von denen einige vermutlich länger eine Rolle spielen werden. Die gewohnt abgründigen, verstörenden Szenen sind auch in diesem Teil reichlich vertreten und fordern starke Nerven sowie einen stabilen Magen. Obwohl der dritte Band für mich bisher den Ekelfaktor anführt, hält der vierte Teil dennoch einige überraschende und schockierende Wendungen bereit, die sowohl die Psyche als auch die Ausdauer der Leser auf die Probe stellen.
Was mir besonders gefallen hat, war die gelungene Mischung aus Spannung, Gewalt und detaillierten Beschreibungen des neuen Settings und seiner Figuren. Die ruhigeren Passagen zwischen den grausameren Szenen boten die Möglichkeit, das neue Umfeld besser kennenzulernen, ohne dass dabei Langeweile aufkam. Der Aufbau in unterschiedliche Abschnitte bringt zusätzlich Abwechslung und steigert die Intensität bis zum packenden Finale.
Das Ende des Buches ist mit einem Cliffhanger versehen, der die Erwartungen an den nächsten Teil enorm steigert. Die Richtung, die der Autor mit diesem Band einschlägt, fühlt sich frisch an und deutet auf eine neue Ära der Reihe hin.
Ein weiteres Highlight in der „Hof Gutenberg“-Reihe, das Fans extremer Literatur begeistern wird. Mit einer gelungenen Mischung aus Innovation, Brutalität und atmosphärischem Setting überzeugt der vierte Band auf ganzer Linie. Ich freue mich bereits darauf, in den fünften Teil einzutauchen und die Reise fortzusetzen.